FIDLEG - Bankberatung quo vadis

01.09.2017 00:00:00 | Comvation AG, System Admin


Der Schleier hat sich, zumindest teilweise, gelüftet. Der lange vorangekündigte Gesetzesentwurf für das neue Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) wurde Ende Juni 2014 veröffentlicht und sorgt bereits für rote Köpfe. 
Besonders heiss diskutiert werden die verschärften Offenlegungs-, Dokumentations- und Ab- bzw. Aufklärungspflichten für alle Finanzdienstleister und die damit zusammenhängenden Haftungsfragen.
Auf die Finanzinstitute im Generellen und auf die Kundenberater im Speziellen kommt viel Arbeit zu. Vorbei sind die Zeiten, in denen jeder Anlageberater seinen Kunden einfach nach seinem Gusto eine Anlageempfehlung abgeben konnte.

Kundenschutz und Dokumentation
Mit dem Ziel, den Kundenschutz zu verstärken, werden die Finanzdienstleister und ihre Berater verpflichtet, ihre Kunden einer Eignungs- und einer Angemessenheitsprüfung zu unterziehen. In ersterer werden die finanziellen Verhältnisse und die Anlageziele geklärt. In der Angemessenheitsprüfung soll ermittelt werden, ob der Kunde über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um mit den angebotenen Dienstleistungen und Produkten zurechtzukommen.  Als Hilfsmittel soll der Kundenberater das sogenannte Basisinformationsblatt einsetzen und seinen Kunden abgeben. Dieses Informationsblatt stellt eine Art Factsheet dar, auf dem Eigenschaften, Risikoaspekte, Kosten und allfällige Rückvergütungen jedes angebotenen Produktes transparent dargestellt werden.

Wer muss beweisen, wer haftet?
Nun, so neu ist das alles nicht. Die meisten Institute arbeiten bereits heute mit Anlegerprofilen, mit denen sie die Erfahrungen und Kenntnisse ihrer Kunden erfassen sowie das Risikoprofil gemeinsam mit den Kunden definieren. Und das KID (Key Investor Document) gemäss Anlagefondsgesetz entspricht eigentlich in weiten Teilen dem Basisinformationsblatt und ist für Fonds bereits seit drei Jahren vorgeschrieben. Bundesbern will nun aber mehr. Das FIDLEG fordert, dass die Anlageentscheide, welche basierend auf Beratungen gefällt werden, umfassend dokumentiert und archiviert werden. Geschieht dies nicht, würde im Streitfall gegen die Bank entschieden. Es würde vor Gericht in einem derart gelagerten Fall davon ausgegangen, dass der Kunde das betreffende Geschäft gar nicht abschliessen wollte.

Ausbildungsanforderungen und mehr
Vor einigen Monaten haben wir eine Fokusstudie zu den Ausbildungsanforderungen im FIDLEG erhoben (siehe Downloads). In der Zwischenzeit liegt der Gesetzesentwurf vor, aber viel mehr Klarheit herrscht nach dessen Veröffentlichung nicht bezüglich der Ausbildungsanforderungen an Kundenberater. Auf eine im Vorfeld befürchtete Zertifizierungsplicht von Kundenberatern wird im Entwurf zwar verzichtet. Wohl aber sollen die Kundenberater, welche sich alle in ein öffentliches Register eintragen lassen müssen, über „hinreichende Kenntnisse über die Verhaltensregeln gemäss diesem Gesetz sowie über das für ihre Tätigkeit notwendige Fachwissen verfügen“ (Auszug FIDLEG-Vernehmlassungsentwurf).  

Wo liegt der Hase im Pfeffer?
Dies ist sehr wage formuliert. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Die Finanzinstitute selber werden in die Pflicht genommen. Sie müssen die Verantwortung übernehmen, ihre Kundenberater entsprechend ihrem Funktionsprofil auszubilden. Dies zwingt die Institute, detailliert festzulegen, welche Berater überhaupt noch welche Dienstleistungen und Produkte anbieten dürfen. Die Banken sollten rasch dazu übergehen, sich von Interessenkonflikten zu verabschieden und dem Kunden, die für seine Bedürfnisse, besten Lösungen anzubieten statt reine Vertriebsstelle der eigenen Produkte zu sein. Nicht zuletzt werden die Institute die Segmentierung ihrer Klientel viel stärker nach Kundenbedürfnissen (und nicht wie in der Vergangenheit nach Vermögenshöhe) ausrichten müssen. Alle diese Aspekte ziehen nicht nur vielerorts einen Ausbildungsbedarf nach sich, sondern erfordern vorgängig auch eine Vielzahl an kostspieligen organisatorischen und prozessualen Anpassungen. 

Es gibt viel zu tun, packen wir’s an!
Ein Haufen Arbeit kommt auf die Banken und Vermögensverwalter zu. Wer aus der Vergangenheit die Schlüsse gezogen hat und sich bereits in diese Richtung bewegt hat, wird im Vorteil sein. Ebenfalls die Nase vorn haben Institute, welche das Gesetz als Anlass nutzen, ihre Kundenberatung neu aufzustellen um sich über die Qualität ihrer Beratung zu positionieren. Die Implementierung eines, von den Beratern gelebten, strukturierten und auf echten Kundenmehrwert fokussierten Beratungsprozesses wird sich als Schlüssel für den Erfolg erweisen. Der Moment ist gekommen, alte Pfade zu verlassen und sich über innovative Konzepte und spezifischen Kunden-Nutzen zu differenzieren, und diese auch gegenüber Kunden und dem Markt einfach und verständlich zu kommunizieren.