Konflikte ohne Streitkultur

28.06.2023 10:08:58 | Comvation AG, System Admin
Ein offener, konstruktiver und lösungsorientierter Umgang mit Konflikten – leider eine Utopie in den meisten Unternehmungen. Woran liegt das?

Konflikte haben in unserem Kulturkreis einen negativen Anstrich. Bereits in der Familie werden Konflikte unterdrückt („Kinder, hört sofort auf zu streiten“) und als störend empfunden. Einer vordergründigen Harmonie zuliebe werden Konflikte bereits im Keime erstickt, was sie allerdings umso stärker unter der Oberfläche wuchern lässt. Der bewusste Aufbau einer Konfliktkultur wäre wirklich wünschenswert. Im angelsächsischen Kulturkreis ist man in dieser Hinsicht wesentlich weiter. Bereits in der Schule werden Debattierkurse organisiert, in denen Jugendliche ihr Verhalten und die Argumentation in heiklen Konfliktgesprächen üben können. Langsam setzt sich auch hierzulande in der Kindererziehung die Ansicht durch, die Kinder ihre Konflikte selbst austragen zu lassen und sie im Prozess der Lösungsfindung zu unterstützen. Bis diese Kinder allerdings Managementpositionen bekleiden, dauert es noch eine Weile. Die heutigen Führungsposten sind besetzt von Menschen, welche noch eine andere (streit-) kulturelle Prägung mitbringen: Verdrängen (Flucht oder unter den Teppich kehren) oder Kampf (machtbezogenes Durchsetzen eigener Interessen).

Dabei sind Konflikte ja nicht per se etwas Schlechtes. Im Gegenteil – die grossen Errungenschaften der Menschheit sind nicht der Harmonie entsprungen. Immer stand zu Beginn einer grossen Entwicklung die Unzufriedenheit mit dem Status quo respektive ein Zwist um die Frage  „wie weiter?“

Wenn das Ausweichen oder die Verdrängung am einen Pol der Skala steht, dann steht das machtbezogene Durchsetzen eigener Interessen am anderen. Auch dieses Verhalten ist, obwohl kurzfristig vielleicht erfolgreich, langfristig für die Weiterentwicklung einer Organisation schädlich. Das Durchsetzen von Macht führt zwangsläufig zu Ohnmacht. Angst und Repression bilden einen schlechten Nährboden für die Prosperität von Unternehmen. Langfristig führen sie zu innerer Kündigung von Mitarbeitern, hoher Fluktuation, Abgang von Schlüsselpersonen und dem Nachlassen der Innovationskraft und Entwicklungsfähigkeit einer Organisation.

Wünschenswert wäre ein offener und sachlicher Umgang mit Konflikten. Wenn Sie als Führungskraft klar und präzise Ihre Erwartungen und Anforderungen postulieren, werden Sie auch einfacher reagieren können wenn diese nicht erfüllt werden. Allzu schwammige Formulierungen führen zu Desorientierung und letztlich zu unterschiedlicher Wahrnehmung und Bewertung von Arbeitsergebnissen.

Zu einem offenen Umgang mit Konflikten gehört auch das direkte Ansprechen. Unterschwellige und verdrängte Konflikte sind nicht gelöst. Sie schwelen vielmehr unter der Oberfläche weiter und werden Sie früher oder später einholen. Meist sind sie dann kaum mehr ohne Unterstützung von aussen zu lösen. Sprechen Sie den Konflikt an, wenn Sie ihn bemerken. Bereiten Sie sich auf ein Konfliktgespräch vor, und geben Sie der Gegenpartei auch Zeit, sich darauf vorzubereiten. Überlegen Sie sich genau, wie Sie den Konflikt wahrnehmen, was dabei Fakten sind und welche Aspekte subjektive Wahrnehmungen sind. Überlegen Sie sich gut wie die Gegenpartei die Situation sehen könnte. Welche Argumentation wird sie führen? Machen Sie sich auch Gedanken darüber, welches für Sie mögliche Lösungen sind, welche Punkte für Sie verhandelbar sind und welche Kernpunkte nicht zur Diskussion stehen. Die investierte Zeit für die Vorbereitung eines Konfliktgesprächs ist lohnend. Es ist mehrfach empirisch belegt: Wer sich besser vorbereitet wird ein für sich besseres Verhandlungsresultat erreichen.

Case Study
Sie sind Vorgesetzter eines Teams in einer Grossunternehmung. Mit der Leistung eines Ihrer Mitarbeitenden sind Sie nicht zufrieden. Der Druck auf Ihre Abteilung nimmt zu und Sie möchten sich von dem Mitarbeitenden trennen. Sie schalten den Personalverantwortlichen ein und besprechen die Situation mit ihm. Eigentlich erwarten Sie, dass er den Fall für Sie löst, er ist schliesslich hier der HR-Spezialist. Der Personalverantwortliche konsultiert die letzten beiden Mitarbeiterbeurteilungen (MbO) und sagt Ihnen es gebe keine konkreten Anhaltspunkte, welche eine Versetzung oder gar Kündigung rechtfertigen würden. Im Gegenteil - der Mitarbeiter sei in den letzten Jahren relativ gut beurteilt worden. 

Reflexionsfragen:
  • Was ist in dem Fall falsch gelaufen?
  • Welche Konfliktbewältigungsstrategie wird durch die Involvierung des Personalverantwortlichen angewandt (bezogen auf das Modell von G. Schwarz)?
  • Welche konkreten Schritte unternehmen Sie nun?
  • Was sind Ihre Learnings, um solche Situationen in Zukunft zu vermeiden?
  • Kennen Sie solche Fälle aus Ihrem eigenen Unternehmen?
  • Was ist bei solchen Situationen danach geschehen?
 
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